Martin Butzin ist ein Engel, kann aber nicht fliegen. Obwohl er das gerne können würde - vor allem, wenn er wieder einmal im Berufsverkehr oder einem Stau feststeckt. Aber er kann es nun einmal nicht. Also muss er sich weiterhin hinter das Lenkrad seines Fords mit 305.750 Kilometern auf dem Tacho setzen, um möglichst schnell von A nach B zu kommen. Dort wird er nämlich bereits sehnsüchtig erwartet. Martin Butzin ist gelber Engel, Retter in der Not oder einfach Pannenhelfer beim ADAC. Acht bis neun Einsätze hat er im Schnitt innerhalb einer Schicht, um von einem Ende seines Einsatzgebietes zum anderen zu kommen, muss er fast 50 Kilometer zurücklegen. Zwei Pannenhelfer sind parallel im gleichen Gebiet unterwegs, zwei von bundesweit 1700. Etwa 200 werden von der Zentrale in Dormagen koordiniert. 26 Jahre ist Butzin mittlerweile ADAC-Pannenhelfer. Vorher hat der gelernte Kfz-Mechaniker selbstständig eine Tankstelle geführt. „Das lief aber nicht so gut“, sagt sich der heute 54-Jährige.
„Beim ADAC bin ich gelandet, weil meine Frau im richtigen Moment aus dem Fenster geschaut hat“, erinnert sich Butzin. In dem Moment stoppte dort nämlich gerade ein gelbes ADAC-Fahrzeug. „Wäre das nicht auch ein Job für dich?“ , hat sie gefragt. Einen Tag später hat sich Butzin beworben - und wurde eingestellt. Ein durchdringendes Piep-Geräusch bringt den Velberter schnell wieder in die Gegenwart. Sein Display zeigt einen Auftrag an: Ein Fiat steht im Baustellenbereich auf der Autobahn A3 - 500 Meter von der Anschlussstelle Mettmann entfernt - und springt nicht mehr an. Butzin drückt die „U“-Taste (Auftrag übernehmen) und ist nach nur fünf Minuten zur Stelle. Das Fahrzeug steht auf dem gesperrten linken Fahrstreifen. Ein kurzes Gespräch, ein kurzer Blick unter die Motorhaube - und schon steht fest: Batterie leer.
Die junge Fahrerin hatte im Stau den Motor ausgestellt, aber Radio und Licht angelassen. Für solche Fälle hat der Helfer eine „Batterie-Steckdose“ im Kofferraum. So kann er problemlos Starthilfe geben. Nach drei Minuten lotst Butzin die junge Frau wieder auf die Autobahn. Der Druck auf die Taste neben seinem Display signalisiert dem Disponenten in Dormagen, dass er wieder einsatzbereit ist.
Auch nach 26 Dienstjahren macht Butzin der Beruf immer noch Spaß. „Ich glaube, man ist ein glücklicher Mensch, wenn man das nach so langer Zeit noch sagen kann.“ Butzin steuert sein Fahrzeug , das er selbst mit Ersatzteilen bestücken muss, auf den nahe gelegenen Autobahn-Rastplatz. „Von hier komme ich schnell in alle Richtungen und bin präsent.“ Es dauert keine zwei Minuten, bis ein Italiener an die Scheibe klopft. „Bitte - wo ist Weg nach Wuppertal?“ Butzin erklärt, dass er schon zu weit gefahren ist und zeichnet ihm eine Skizze, wie er am einfachsten wieder zum Autobahnkreuz Hilden gelangt. Der nächste Auftrag lässt nicht lange auf sich warten: Ein Daihatsu, der in Mettmann an der Breite Straße liegen geblieben ist.Fahrzeugbesitzerin Ellinor Rössig-Rothe, seit 1961 ADAC-Mitglied, ist erleichtert, als sie das Fahrzeug sieht. Doch als sie ihr Problem schildert - während der Fahrt haben plötzlich mehrere Warnlampen aufgeleuchtet, dann ist der Motor ausgegangen - ahnt der Helfer: Hier kann er nicht viel tun. Die Lichtmaschine ist defekt. Butzin bestellt den „Schlepper“. „Schade, es ist immer schöner, wenn man das Auto wieder in Gang bekommt.“ Ellinor Rössig-Rothe muss auf den Abschleppdienst warten. Martin Butzin ist schon wieder unterwegs. Engel haben eben keine Pause.