Ein richtig süsser tag

Schaufenster Mettmann, 5. Dezember 2007

Schaufenster-Redakteur Philipp Nieländer tauschte Computer, Kamera und Notizblock für einen Tag gegen Paradiesäpfel, Mandeln und Zuckerwatte. (M)ein Tag als "Candy Shop"-Aushilfe auf dem Blotschenmarkt.

 

Wer am Sonntag durch den Regen auf und über den Blotschenmarkt - im wahrsten Sinne des Wortes - gestürmt ist und Am "Candy Shop" Station gemacht hat, wird sich vielleicht über die etwas unsichere und leicht fröstelnde "Aushilfe" hinter der Theke gewundert haben. Für sechs Stunden habe ich an diesem Tag meinen Computer, die Kamera und den Block gegen gebrannte Mandeln, knallbunte Zuckerwatte und Schokofrüchte eingetauscht.

 

Mit den Worten "Wohl schon seit Tagen gebetet, dass heute schlechtes Wetter ist, weil dann nix zu tun ist" begrüßt mich Schausteller Dieter Osselmann in seinem kleinen rollenden Reich. Kein Problem - schließlich kennt man sich seit vier Blotschenmärkten und einigen Kirmes-Besuchen - da weiß ich auch, dass der Spruch nicht ganz ernst gemeint ist. Sonst hätte ich vielleicht jetzt ewas Bammel, schließlich ist Osselmann für die nächsten sechs Stunden mein neuer Chef und wird meine Arbeit sicherlich kritisch beäugen.


Während der Profi zusammen mit dem Elektriker-Team von Udo Tremel  noch mit der Reparatur der defekten ZuckerwatteMaschine ("Super-GAU!") beschäftigt ist, notiere ich mir die Preise für die unterschiedlich großen Popcorn-Tüten, präge mir ein, dass die Sonnenblumenkerne in den grünen Tütchen sind und nur 2 Euro kosten, während ich für die Paranüsse in den gelben Tütchen 3 Euro kassieren muss. Auch bei den Lebkuchenherzen gibt es Preisunterschiede. Ob ich das alles behalten kann ...? "Die roten Lassos sind übrigens 50 Cent teurer als die anderen, weil die dicker sind", sagt Osselmann. Ääääh - ja - denke ich. Spätestens jetzt ist der Preis-Speicher im Kopf voll. Aber der Spickzettel kann ja ein wenig helfen - zumindest bei den ersten Kunden. Und genau die stehen nun vor mir.

 

"100 Gramm Mandeln bitte ..." - "Ja, gerne ..." Schnell überlege ich: Mandeln - rote Tüte. "Zwei Euro macht das, bitte ..." Die junge Mutter zahlt und gibt die Tüte ihrem Sohn. Puh - gar nicht mal so schlecht gelaufen. Und Dieter Osselmann nickt mir aufmunternd zu.

 

Der Marktplatz will sich ob des Dauerregens und der Sturmböen nicht wirklich füllen. "Schlechter als an einem Wochentag", grummelt der Schausteller, der - anders als ich - seinen Lebensunterhalt vom Süßigkeiten-Verkauf bestreiten muss. Ich gebe mein Bestes und schwatze einem verliebten Paar ein Lebkuchenherz auf. Vor allem die Mandeln laufen an diesem Tag gut. Eine ältere Dame kauft gleich 500 Gramm und sagt, dass sie sich schon das ganze Jahr darauf freut und nächstes Wochenende bestimmt schon Nachschub kaufen muss.

 

Plötzlich entdecke ich ein bekanntes Gesicht: Klaus Schröder, Chef unserer Düsseldorfer Zentralredaktion, hat sich, nachdem ich ihm im vergangenen Jahr vom Blotschenmarkt vorgeschwärmt hatte, auf den Weg nach Mettmann gemacht und ist erstaunt, mich in Mandelverkäufer-Montur zu erblicken. Geschäftstüchtig verkaufe ich ihm einen Apfelpunsch, Dieter Osselmann spendiert ein Tütchen Mandeln.

 

Unter dem Candy-Shop-Dach kann man das Wetter ertragen. Fürs Quatschen bleibt aber wenig Zeit: Eine Kindergruppe steht vor dem rosafarbenen Wagen - mit Cent-Stücken aus den geplünderten Sparschweinen und leuchtenden Augen. Ein Mädchen hätte gern ein Lebkuchenherz. Was drauf steht, kann sie zwar noch nicht lesen, aber der pinke Spritzguss überzeugt sie. Auch eine mit Süßigkeiten gefüllte Plastiktrompete wechselt den Besitzer - und die inzwischen reparierte Zuckerwatte-Maschine läuft auf Hochtouren.

 

Als nur noch wenige Paradiesäpfel in der Auslage sind, schmeißt Dieter Osselmann die große drehende Trommel an und mischt seine nicht ganz kalorienarme Geheimrezeptur an. Damit überziehen kann - darf - muss - ich dann die Äpfel. Gar nicht so einfach, den Überzug gleichmäßig hinzubekommen. Und vor allem wird die heiße Paradies-Mischung in Sekundenschnelle hart.

 

Anschließend müssen die Äpfel eingetütet werden, bevor ich dann gegen 19.30 Uhr Feierabend machen darf. "Darfst wiederkommen", scheint Dieter Osselmann mit seiner Aushilfe zumindest halbwegs zufrieden zu sein.

 

Von Philipp Nieländer / Schaufenster Mettmann