900 Mitarbeiter des Bundesgrenzschutzes sind am Flughafen im Einsatz. Die Polizeiaufgaben machen allerdings nur einen Teil der Arbeit aus.
Der Bundesgrenzschutz schützt unsere Grenzen. Klar, diese Aufgabe steckt ja schon im Namen. Aber wie und wo genau? Wer oder was wird kontrolliert? Und warum darf die Person, die vor mir an der
Passkontrolle steht, nicht ausreisen? Für die meisten Menschen ist die Polizei des Bundes, die oft nur BGS genannt wird, ein Buch mit sieben Siegeln.
900 Mitarbeiter sind in drei Schichten rund um die Uhr im Dienst, in der BGSI. BGSI? Schnell merkt man, dass es in der Behörde für (fast) alles Abkürzungen gibt. FKD, LuSi, ZRG oder MRKA, mit den
"Übersetzungen" könnte man problemlos ein Buch füllen. Die Buchstaben BGSI stehen zum Beispiel einfach nur für Bundesgrenzschutzinspektion. In der allmorgendlichen Lagedarstellung erstatten die
verschiedenen Einsatzleiter ihrer Chefin Ulrike Herbold Bericht: Personalstärke, besondere Vorkommnisse, Planungen für den Tag. Der Wasserrohrbruch in der Personaltoilette kommt ebenso zur
Sprache wie eine für den Nachmittag geplante Verhaftung oder die Zahl der Abschiebungen, die im Amtsdeutsch Rückführungen heißen.
Einige Türen weiter befindet sich das Herzstück des operativen Bereichs: Die Einsatzzentrale, die Tag und Nacht mit mindestens zwei Mitarbeitern besetzt ist und von wo aus alle Einsätze zentral
gesteuert werden. An der Wand hängt ein Luftbild des Flughafengeländes. Ganz schön groß. Aber was bedeuten wohl die Zahlen? "Das sind die einzelnen Sektoren", erklärt Sven Käubler. "174 ist
beispielsweise der Zaunbereich, 171 GAT und 175 der Bereich der Gleise." So können die einzelnen Streifen per Funk einfacher koordiniert werden. 172 ist der schwierigste Bereich: Dicht am
Terminal befinden sich viele Menschen auf dem Vorfeld. Bauarbeiter, Tankwagenfahrer und Reinigungskräfte.
Ein grüner Streifen muss es sein
Ob alle den richtigen Ausweis (ein grüner Streifen muss es sein, gelb reicht nicht) haben, prüfen an diesem Morgen Markus Robert und Thorsten Kazmierski. "Die meisten Gesichter kennt man schon",
sagt Robert. "Da gibt es auch nie Probleme." Größere Sorgen machen da schon die Fremdfirmen, die oft nur wenige Tage am Airport arbeiten. Der grüne Bulli stoppt neben zwei Arbeitern. Ein Ausweis
ist nicht zu sehen. "Hmm, der liegt hinten im Auto", brummt der Mann in Warnweste. Dafür gibt es eine Ermahnung von den beiden BGS-Beamten. "Immer sichtbar tragen oder zumindest in der
Tasche."
Weiter geht`s zu einem Lufthansa Cityliner. Die Tür ist geöffnet, die Treppe steht am Flugzeug aber wo ist das Personal? Kazmierski schaut nach: "Alles in Ordnung, die Stewardessen sind da." Wenn
ein Flugzeug ohne Besatzung auf dem Vorfeld steht, muss die Tür verschlossen und versiegelt sein die Treppe muss etwas abgezogen werden. "Das ist wichtig, damit niemand etwas unbemerkt in der
Kabine deponieren kann", erklärt der Beamte. Bei einigen Fluggesellschaften schaut man schon mal genauer hin, allerdings haben die Amerikaner seit einiger Zeit zusätzlich eigenes
Sicherheitspersonal.
Karl-Heinz Krause hat an diesem Morgen schon einigen Familien den Urlaub gerettet. Er sitzt am BGS-Schalter im Terminal B und stellt Ersatz-Reisedokumente aus. 10 000 Mal im Jahr kommt das vor.
Vergessen oder abgelaufen sind die häufigsten Gründe.
Bei zu großen Pässen hilft die Schere
Es gab aber auch schon obskure Fälle: "Da wurde der Ausweis zurecht geschnitten, weil er wohl zu groß fürs Portmonee war, eine Frau hat einfach ein neues Foto eingeklebt, weil ihr das alte nicht
mehr gefallen hat." Aber auch da konnte der BGS helfen. Acht Euro kostet das rettende Dokument und kann ausgestellt werden, wenn irgendein anderer amtlicher Ausweis (oder der Führerschein)
vorgelegt wird. Allerdings erkennen nicht alle Länder den Ersatz an darum müssen die Fluggesellschaften ihr o.k. geben und die Reisenden unterschreiben, dass sie den BGS in diesem Fall nicht
haftbar machen können.
Die Beamten Christian Backes und Björn Kircher sind gerade auf dem Weg zur Ausreise-Passkontrolle, beantworten nebenbei noch unzählige Fragen von Fluggästen als sie plötzlich einen herrenlosen
Koffer entdecken. Jetzt geht alles ganz schnell. Funkspruch an die Zentrale und ein Ausruf. Kurze Zeit später nähert sich ein Mann mit wild fuchtelnden Händen. Er kann gar nicht verstehen, dass
die Beamten so gar kein Verständnis dafür haben, dass er "mal eben nur die Tickets abholen" wollte. Kircher: "Wenn der jetzt nicht gekommen wäre, hätten wir den ganzen Bereich absperren und
räumen müssen." Es hätte ja auch eine Bombe sein können.
Als Backes und Kircher in ihr Kontrollhäuschen kommen, ist der Ärger über den Reisenden langsam verraucht. Gerade wird ein Flug der United Airlines abgefertigt. Die Technik ist inzwischen so
weit, dass die meisten Ausweise automatisch eingelesen werden können. "Personenfahndung: negativ, Suchfahndung: negativ" ist auf dem Bildschirm zu lesen. Noch ein Blick auf das Foto: "Alles in
Ordnung. Gute Reise", sagt Backes. Die Japaner haben gerade neue Pässe bekommen. "Nahezu fälschungssicher", urteilt Kircher. Andere Länder haben so katastrophale Dokumente, dass es schwer ist,
Fälschungen zu entdecken. "Wenn wir uns unsicher sind, nehmen wir Schriftproben oder befragen die Person mit Hilfe eines Dolmetschers." Einige verraten sich durch Schweißausbrüche.
Schokolade oder Bombe?
Bevor die Reisenden zur Passkontrolle kommen, haben sie bereits die Handgepäck-Kontrolle passiert und für die ist Thomas Hermsen zuständig. Der BGS hat diese Aufgabe im April 2000 vom Land
übernommen. Die Farben auf dem Monitor verraten viel über das Material des durchleuchteten Gegenstands: je dichter, desto dunkler. Verdächtig ist oft die Kombination von Gegenständen. Ein
rechteckiges Stück organische Masse ist an sich unverdächtig. Könnte Schokolade sein. Organische Masse zwischen Batterien und einem Radio könnte eine Bombe sein.
Von Philipp Nieländer